Moschusochsen, Seeadler, Ohrentaucher – Nachwort

MöweNormalerweise schreibe ich das Nachwort erst, wenn ich zu Hause bin. Da ich aber heute den ganzen Tag im Zug sitze, kann ich das wohl jetzt schon machen. Spektakuläres wird nicht mehr passieren.

…Hoffentlich…

Was wird mir von dieser Reise in Erinnerung bleiben?
Der Alkoholiker, der mir am Bahnhof von Levanger erklärte, dass die einzige Heilung von seiner Sucht noch mehr Alkohol sei? Wohl kaum.
Der Ärger mit meiner Kreditkarte, die (als ich sie zum ersten Mal mit Pinnummer gebrauchen wollte) nicht funktionierte und ich deswegen nur noch mit einem Rest Bargeld auskommen musste? Schon eher, das hatte mir gehörig die Laune verdorben.
Dass an einem dunklen Motel ein Zettel hing, der Schlüssel würde in der Türe stecken, ich solle einfach reingehen? Auf jeden Fall, solche Dinge sind in der Nebensaison im ländlichen Norwegen normal. Das muss man sich einfach für das nächste Mal merken!
Dass die Teenager mit roten Latzhosen auf denen die Norwegische Flagge prangte, posierten? Erinnert mich an die Swissness-Artikel zu Hause, ist aber nur eine Randnotiz.

Was sicher in Erinnerung bleibt:
Die Zeit bei den Herrschern des Dovrefjells, den Moschusochsen.
Der Birkhahn, der zuoberst auf einem Baum balanciert.
Der andere Birkhahn der alleine am Balzplatz fast die ganze Nacht rief.
Die Möwen die Ole begleiteten; besonders Charlie, der auf Oles Mütze sass.
Die Ruhe im Fjord, als wir ohne Motor dahin trieben.
Die rasanten Anflüge der Seeadler, jeder wieder etwas anders.
Die Tage bei den Ohrentauchern; gemächlich und doch ereignisreich.
Das Floss, auf Augenhöhe mit den Wasservögel; ein Abenteuer.
Und natürlich die Leute:
Die anderen Fotografen bei Ole, die gleich als erstes klarstellten, das Canon besser sei als Nikon. Womit sie natürlich falsch lagen. Aber abgesehen davon waren Christian, Herbert und Otto interessante Reisebegleiter.
Jan, der Niederländische Fotograf, der schnelle Bewegungen mit langen Belichtungszeiten kombiniert.
Øyvind, der junge Norwegische Naturfotograf, mit dem ich einen Nachmittag bei den Moschusochsen sass. Er fotografiert vorzugsweise Moschusochsen und die hiesigen Schlangen.
Terje, der an rund 300 Tagen im Jahr bei den Moschusochsen vorbei schaut.
Der andere Terje, der mir nicht nur (wie vereinbart) die Ohrentaucher zeigte, sondern gleich noch 70000 Kurzschnabelgänse.
Und natürlich Ole, der nach der Ausfahrt zu den Seeadlern nicht einfach Feierabend machte, sondern auf halbem Weg nach Hause umdrehte, uns nochmals abholte, worauf Elchfotos in der Abenddämmerung entstanden.
Bei diesen Menschen spürte ich, dass sie mit einer riesigen Leidenschaft bei ihrer Tätigkeit waren, sei es ihr Hobby oder ihr Beruf.

Hat sich dieses Kapitel irgendwie zu pathetisch gelesen? Wenn ja, dann sage ich nur: „Ich bin in einer mentalen Verfassung in der ich das darf!“ Ich habe während drei Wochen fast jeden Tag fotografiert. Ich will den Fotoapparat weg legen. Ich will noch mehr fotografieren. Ich bin müde. Ich bin erholt. Ich bin traurig. Ich bin glücklich. Ich bin auf dem Heimweg. Ich will zurück nach Norwegen! Die-Ferien-sind-zu-Ende-Stimmung.

Ende

…Vorläufig…