Jetzt bin ich wieder zu Hause, der heutige Morgen scheint unendlich weit weg. Und doch ist es nur 12 Stunden her, dass ich noch nahe der russischen Grenze in einer Fotohütte sass.
Es war die dritte Nacht, in der wir in der Fotohütte auf den Wolf warteten. Die zwei Tage zuvor waren vergebene Liebesmühe gewesen. Kurz und in weiter Ferne hatte er sich gezeigt. Kein Foto. Und heute sollten wir bereits um acht Uhr am Morgen zur Heimreise abgeholt werden. Unsere Hoffnungen mit einem Wolfsbild im Gepäck nach Hause zu kommen waren fast Null.
Kurz vor fünf Uhr krochen wir zum letzten Mal in diesem Urlaub aus den Schlafsäcken und setzten uns hinter unsere Kameras. Minus 21°C zeigte das Thermometer vor der Hütte. Warten. Langsam wurde es heller. Die Sonne ging am Horizont auf. Die ersten Sonnenstrahlen fielen auf die Hütte. Und dann, kurz vor sechs Uhr: Ein Wolf trabte 200 Meter vor uns von rechts aus dem Wald. Dann blieb er stehen und sicherte. Neben mir klickten die Kameras, meine war nach links auf den Köder ausgerichtet. Hätte ich sie jetzt schwenkt, dann hätte der Wolf das gesehen und wäre verschwunden. Nach ein paar Sekunden setzte er seinen Weg fort und verschwand von der Lichtung. War es das? Hatte ich die Chance verpasst? Hatten alle in der Hütte ein Wolfsfoto, ausser mir?
Aber dann, nach endlosen Minuten tauchte er wieder auf. Vorsichtig, mit eingezogenem Schwanz näherte er sich dem Köder. Jetzt stand meine Kamera richtig. Ganz vorsichtig kam der Wolf näher, schon das Krächzen eines Kolkraben lies ihn zusammenfahren. Noch einmal sicherte er und blickte dabei genau in unsere Objektive. Was für ein Motiv! Dann schnappte er sich ein loses Bein vom Luder und rannte damit zurück in den Wald. Wie lange hatte dieser Auftritt gedauert? Eine halbe Minute? Eine Minuten? Eine Ewigkeit? – Keine Ahnung, für ein paar Fotos und für einen bleibenden Eindruck hatte es gereicht.
Finnischer Winter, am letzten Tag einen wilden Wolf vor der Kamera – ein besseres Ende für diesen Urlaub könnte ich mir nicht vorstellen.