Moschusochsen

Moschusochsen sind 400kg schwer.
Moschusochsen sind 60km/h schnell.
Moschusochsen haben vor nichts Angst.
Moschusochsen attackieren alles.
Moschusochsen sind in der Paarungszeit besonders aggressiv.
Alte Einzelgänger sind besonders gefährlich.
200 Meter Abstand müssen unbedingt eingehalten werden.

So lauten die gängigen Hinweise zu den 350 Moschusochsen im Dovrefjell. Und um es gleich zu betonen: Wer einem Moschusochsen begegnet sollte wirklich 200 Meter Abstand halten, denn Moschusochsen sind wehrhafte Wildtiere!
Wer mit einem Guide wie Terje von Mountain Experience unterwegs ist, kann noch viel mehr über die Tiere lernen. Terje führt seit 1981 Besucher zu den Moschusochsen und ist an etwa 300 Tagen im Jahr draussen. Als Biologe und durch seine Erfahrung kann er Geschichten über die Tiere erzählen wie kaum ein anderer:
Moschusochsen sind auf dem Fjell zu Hause. Und Moschusochsen sind friedliche Tiere. Wir würden auch wütend reagieren, wenn Wildfremde einfach die Haustüre aufmachen und sich auf unser Sofa setzen würden. Und genauso nähert man sich den Moschusochsen. Mit Respekt wartet man in einiger Distanz um zu sehen, ob man in ihrem Haus willkommen ist. Wenn die Tiere, nachdem sie die Besucher gemustert haben, ruhig weiter fressen oder sich sogar hinlegen, dann heisst das, man ist im Moment akzeptiert. Sollte sich ein Tier vor einem aufstellen, schnauben und sogar den Kopf hin und her schwenken, dann sollte man schleunigst abhauen, denn das ist die letzte Warnung vor einer Attacke.
Man geht nicht direkt auf die Moschusochsen zu. Da sie schlecht sehen, können sie nicht erkennen, ob man auf sie zu oder von ihnen weg geht. Wenn man schräg an ihnen vorbei geht, dann erkennen sie die Richtung und fühlen sich weniger bedroht.
Wenn Moschusochsen etwas rechtzeitig wahrnehmen, können sie gelassen stehen bleiben, wenn sie überrascht werden, können sie aber durchaus in Panik geraten. Am gleichen Tag haben wir gesehen, wie sie den Zug interessiert ansahen und ein anderes Mal in Panik davon rannten.
Nach einer Tragzeit von acht Monaten werden die Kälber im Mai mit einem Gewicht zwischen 10 und 12 Kilogramm geboren. Anfangs Sommer, auf dem Dovrefjell ist das etwa im Juli, wiegen sie bereits zwischen 50 und 100 Kilogramm. Dies verdanken sie einer Milch mit 40% Fettanteil. Der Fettgehalt der Milch ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass sich die Mutter gleichzeitig eine 15 Zentimeter dicke Speckschicht anfressen muss und sich dabei vor allem von Weiden (Salix), die hier nur als Sträucher wachsen, ernährt.
Den Kälbern beginnen mit zwei Jahren die Hörner zu wachsen und mit drei Jahren bilden sich die typischen Hornplatten auf der Stirn aus. Während Weibchen in der Herde bleiben, werden die Männchen vom Leitbullen aus der Familie verjagt.
Ausgestossen, schliessen sie sich einer Gruppe mit anderen Jungbullen an. In solchen Jugendbanden ziehen sie umher und messen spielerisch ihre Kräfte. Mit acht oder neun Jahren sind die Ochsen, welche inzwischen an die 400 Kilogramm wiegen und genau genommen Verwandte der Schafe sind, kräftig genug um einen älteren Bullen herauszufordern.
In der Paarungszeit, im September, rennen die Bullen mit bis zu 60 km/h auf einander los und rammen sich mit ihren Stirnplatten, bis einer der Kontrahenten die Flucht ergreift. Mit etwa fünfzehn Jahren haben die Bullen ihr Zenit überschritten und müssen langsam das Feld und damit ihr Harem räumen.
Menschen werden bei den Duellen übrigens nicht als Konkurrenten wahrgenommen und normalerweise ignoriert. Wahrscheinlich sind wir zu wenig imposant. Züge hingegen machen ihnen Eindruck und so starben 2010 neun Bullen, als sie versuchten den Zug in die Schranken zu weisen. Weibchen starben 2010 auf diese Weise keine, sie gehen der Eisenbahn aus dem Weg.
Vertriebene alte Bullen ziehen als mürrische Einzelgänger umher und sind wirklich mit Vorsicht zu geniessen. Sie sind es auch, die sich besonders gerne mit dem Zug anlegen.
Etwa ab Oktober finden die Moschusochsen immer weniger nahrhaftes Futter und stellen die Nahrungsaufnahme im Winter fast vollständig ein. Die Tiere stehen in der kalten Jahreszeit dicht beieinander und bewegen sich so wenig wie möglich. Etwa 40% ihres Körpergewichtes verlieren sie trotzdem bis zum Frühling.
Auch im Sommer sind Moschusochsen eher gemütlich unterwegs und eine Wanderung von 500 Meter an einem Tag ist eher weit. Wieso sollten sie auch weiter gehen als bis zur nächsten Weide? Feinde haben sie auf dem Dovrefjell keine und so werden die Moschusochsen bis 24 Jahre alt. in anderen Gebieten (Grönland, Kanada, Sibirien, Alaska) wird ein maximales Alter von etwa 19 Jahren angegeben.

Auch wenn es jetzt sehr beschaulich und friedlich klingt:
Wer zufällig einem Moschusochsen begegnet sollte 200 Meter Abstand einhalten!
Wer Moschusochsen besuchen will, sollte das nur mit einem Führer tun!

Hier sind meine Moschusochsen.

Und zuletzt meine persönliche Meinung zu einem Bericht, den ich einmal im Internet fand: Jeder Naturfotograf der auf seiner Homepage damit prahlt, dass er von einem Moschusochsen angegriffen wurde ist in meinen Augen ein Idiot!