Unterwegs nach Grönland

„Welche Vögel kann man im Februar auf Grönland fotografieren?“

Ich glaube, ich habe einen Ruf als Vogelfotograf, denn das war die am häufigsten gestellte Frage als ich mich in die Ferien abmeldete. Dabei habe ich doch letztes Jahr nicht nur Kraniche, sondern auch Bären, Wölfe und einen Vielfrass fotografiert!

Also, heute war der erste Tag meiner Reise nach Grönland. Zugegeben, eigentlich hat meine Reise gestern schon begonnen, da ich nach der Arbeit zu meiner Mutter in Olten gefahren bin und dort übernachtet habe. Heute morgen, nach einem gemütlichen Frühstück, ging es mit dem Zug zum Flugplatz Zürich. Dort lief alles sehr glatt und nach etwa 20 Minuten hatte ich mein Gepäck aufgegeben, alle Kontrollen passiert und konnte mir die Zeit bis zum Abflug bei einem Latte Macchiato vertreiben.

Auch der Flug war gemütlich, ein kleiner Snack, keine Turbulenzen, bis Hannover eine geschlossene Wolkendecke. Über der norddeutschen Küste nur leichter Dunst, der Blick ging aus dem Fenster auf die Ostsee. Und schon ging es in den Landeanflug. Kaum hatte die Maschine aufgesetzt, sah ich nebenan auf einer Parkposition ein Flugzeug von Air Greenland. Soll ich fragen, ob ich schon mal mein Gepäck dort einladen kann? Ob das die Maschine war, die mich morgen nach Grönland bringen wird?

Aber noch war nicht Morgen. Es war erst 15 Uhr und sonnig als ich bereits in meinem Hotelzimmer direkt am Flugplatz war. Also ging ich etwas spazieren. Bis zum Strandweg waren es nur ein paar Meter und auf diesem spazierte ich gegen Kopenhagen. Ich bewunderte die Umgebung, die Einfamilienhäuser, die heruntergekommen Wohnkasernen, die brandneuen Hochhäuser. Ich hätte besser auf meine Füsse geachtet, denn plötzlich bemerkte ich ein Brennen an meiner linken Ferse. Ich hatte mir tatsächlich eine Blase gelaufen. Und dabei hatte die Reise noch nicht mal richtig begonnen. Was für ein toller Anfang für eine Grönlandexpedition!

Tagebuch

Präinternetaufzeichnungsgerät

Na gut, vielleicht ist „Expedition“ etwas hoch gegriffen. Urlaub in Grönland ist ehrlicher. Auch wenn es in der Reiseausschreibung geheissen hat: „Unterkunft in landesüblichem, einfachem Jagdcamp. Stromversorgung zum Aufladen der Kameraakkus nur nach Absprache.“ – Sicherheitshalber hatte ich jetzt in meinem Hotelzimmer alle freien Steckdosen mit meinen elektronischen Geräten belegt, um die Akkus nochmals richtig aufzuladen. Ausserdem hatte ich ein altmodisches Aufzeichnungsgerät eingepackt – Notizbuch und Bleistift – damit ich netzunabhängig Tagebuch führen kann. Ihr, meine Leser, werdet Euch etwas gedulden müssen, denn wo kein Strom, da auch kein Internet. Aber ich werde Euch den Bericht und die Fotos nachliefern.

Ich bin gespannt: Werden wir wirklich keinen Strom haben? Werden wir bekocht oder müssen wir selber kochen? Müssen wir Eis schmelzen um Trinkwasser zu bekommen? Werden wir uns auf dem Klo den Hintern abfrieren? Oder ist alles viel weniger spartanisch als ich es mir gerade vorstelle? Ich werde es bald wissen, Ihr müsst Euch noch etwas länger gedulden.

Fast hätte ich es vergessen. Um die Frage vom Anfang zu beantworten: Keine Vögel. Ich hoffe auf Moschusochse, Schneehase, Polarfuchs und Polarlicht.